Occupy Gezi Parki – eine Solidarisierung

Zuletzt aktualisiert am 4. Juni 2013

Ein Recht auf Demokratie, Mitbestimmung und Meinungsfreiheit! Ein Recht auf Stadt! 

Was am 28. Mai im Taksim Gezi Parki als friedlicher Protest gegen eine scheinbare städtebauliche Aufwertung begann, hat sich mittlerweile zu einem riesigen Protest mit weit breiteren Forderungen seitens der Demonstrant_innen entwickelt.

Für den Bau eines geplanten Einkaufszentrums sollten 600 Bäume im Gezi Parki gefällt werden. Der Gezi Park ist ein Stadtpark in der Beyoğlu Kommune in Istanbul und grenzt direkt an den Taksim Platz, der wiederum einer der zentralsten Plätze und Verkehrsknotenpunkte im europäischen Teil der Metropole Istanbuls ist. Am selben Ort stand bis 1939 die Topcu Kaserne, die im Rahmen einer städtebaulichen Umgestaltung abgerissen wurde. Der Gezi Parki stellt eine der letzten öffentlichen Grünräume in diesem Viertel dar.

Am 30. Mai kam es dann zu den ersten gewaltsamen Übergriffen seitens der Polizei. Als die Demonstrant_innen das Gelände nicht freiwillig räumen wollten und sich demonstrativ vor die zu fällenden Bäume stellten, wurde versucht sie mit massiver Gewalt aus dem Park zu entfernen. Dabei setzte die Polizei vor allem auf den Einsatz von Unmengen an Pfefferspray und Tränengas – das bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt mehreren Demonstrant_innen das Augenlicht kostete.

Doch womit Premierminister Erdogan und die Polizei scheinbar nicht rechneten, war eine Welle an Solidarität die durch alle Gesellschaftsschichten Istanbuls und der Türkei ging. Umso brutaler die Gewaltanwendung der Polizei und umso uneinsichtiger das Verhalten von Tayip Erdogan war, desto mehr Menschen aus allen möglichen Vierteln Istanbuls strömten auf den Taksim Platz und solidarisierten sich mit den Demonstrant_innen. Das Verhalten der türkischen Presse glich einem medialen Black-out. Als die Proteste in Istanbul begannen und die Polizei friedliche Demonstrant_innen mit reichlich Pfefferspray und Tränengas eindeckte, sendete zwar CNN International Livebilder vom Taksim-Platz. Der türkische Ableger CNN Türk hatte jedoch Putzigeres im Programm: kleine Pinguine, die durch die Antarktis watscheln. Laut der amerikanischen Organisation „Comitee to Protect Journalists“ liefen im Jahr 2011 knapp 5000 Verfahren gegen türkische Journalist_innen. Die Türkei ist außerdem das Land, in dem weltweit die meisten Journalist_innen im Gefängnis sitzen – mehr als in China oder im Iran. Der Staat, das verdeutlichen die Beispiele, hat die Presse fest im Griff und kontrolliert die Informationen, die die Medien verbreiten. Welchen Stellenwert die Presse- und Meinungsfreiheit in dieser scheinbaren Demokratie genießen, scheint offensichtlich.

Es geht nun schon längst nicht mehr nur um die Umgestaltungspläne des Gezi Parki – viel mehr geht es den Demonstrant_innen um die Grundrechte einer freien Demokratie – um die Meinungs- und Pressefreiheit, um ein Recht auf Mitbestimmung, um den Schutz von Minderheiten, um ein Recht auf Stadt!

Bislang gab es schon 2 Tote und über 2300 verletzte Demonstrant_innen zu vermelden und ein Ende der Ausschreitungen oder ein Einlenken der Politik ist noch längst nicht in Sicht. Ganz im Gegenteil, die massive Ignoranz mit der die Politik jegliches Recht auf Mitbestimmung der Bürger_innen mit Füßen tritt, ist vehementer denn je.

Wir, die Studienvertretung Raumplanung, möchten uns ausdrücklich mit den Forderungen der Demonstrant_innen solidarisieren und rufen auf es uns gleich zu tun!

In unserem Studium wird oft von einer Mitgestaltung an Gesellschaft, von Partizipation und Demokratie gesprochen – deshalb heißt es nun: Informiert euch! Seid kritisch!

Wir halten es wie Stephan Hessel: “Die Zukunft gehört der Gewaltlosigkeit und der Versöhnung der Kulturen – davon bin ich überzeugt. Das muss, das wird die nächste Etappe der Menschheit sein.” – Empört euch! – Engagiert euch!

Weiterführende Links:

https://www.facebook.com/OccupyGezi

https://twitter.com/search?q=%23occupygezi&src=savs

Veranstaltungstipp:

Radiosendung über die Stadtentwicklungspolitik Istanbuls anhand eines früheren umstrittenen Stadtentwicklungsprojekts – Sulukule

HEUTE, 4. Juni 2013, 17:30 Uhr, Radio Orange FM 94.0 (Wien)

dèrive – Radio für Stadtforschung

Podcast: http://cba.fro.at/111121

 

Mit solidarischen Grüßen,

eure FS-Raum.

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